Das Zwerchfell

25.01.2016 von Alexander Lay

Ein vergessener Muskel der Körpermitte in Sport und Therapie

theranetic Therapie

Heute möchte ich Euch ein paar interessante Dinge über das Zwerchfell erzählen, ein wirklich spannender Muskel. Leider findet dieser Muskel bis heute weder in Sport noch in Therapie die Würdigung, die er eigentlich verdient. Es ist wie mit einem guten alten und verlässlichen Arbeiter, er ist immer da und tut seine Arbeit. Fragt man einen Medizinstudenten nach den Aufgaben des Zwerchfells (auch „Diaphragma“ genannt), so lautet die Antwort: „Es ist der wichtigste Muskel zum Einatmen“. Und da stimmt auch. In der (Schul-)Medizin spielt das Diaphragma therapeutisch eigentlich überhaupt keine Rolle; hier findet es nur Beachtung, wenn eine Zwerchfellkuppel höher als die andere auf dem Röntgenbild zu erkennen ist, denn dies kann auf eine Störung eines Zwerchfellnerven hinweisen. Oder man erleidet eine Rückenmarksverletzung in Höhe des dritten, vierten oder fünften Halswirbels, dann kann das Zwerchfell nicht mehr aktiviert werden – überleben kann man hier nur mit maschineller Beatmung. Doch schauen wir genauer hin: Für die Einatmung leistet das Zwerchfell ungeheure Dienste. In Ruhe atmen wir ca. 10 bis 15 mal pro Minute, das heißt unser Zwerchfell kontrahiert natürlich genauso oft. Das summiert sich auf bis zu 23.000 Kontraktionen pro Tag! Während sportlicher Leistung erhöhen sich diese Kontraktionen auf 40 bis zu (kurzfristig) 85 pro Minute. Aber welche Bedeutung hat das Zwerchfell ansonsten noch?

Ohne das Zwerchfell wäre so gut wie keine sportliche Leistung möglich, denn es verbindet und stabilisiert den Ober- mit dem Unterkörper. Wie ein flexibler Boden ist es zwischen zwei Etagen eingelassen und hat myofasziale Verbindungen bis hin zu den Ansätzen unserer Hüftbeugern (am Oberschenkelknochen kurz unter den Hüftgelenken). Es trennt den Brustraum von der Bauchhöhle. Es bedingt die Körperhaltung, massiert die inneren Organe, bringt die Lymphe aus Bauch und Beinen in Bewegung und stabilisiert den Rumpf. Dies geschieht durch die sogenannte Bauchpresse.

Und: Hallo Sportler! : Das Zentrum der Kraftentfaltung geht vom Rumpf aus! Jede Bewegungseinleitung erfolgt durch Aktivierung von Wirbelsäulen- und Zwerchfellmuskulatur. Beim Strecken um die Klimmzugstange zu erreichen, spannt sich das Zwerchfell an; bei einer Kniebeuge mit schwerem Gewicht ist es relativ entspannt, auch wenn sich das im Bauchbereich anders anfühlt. Hierbei sind die Rumpfmuskeln maximal angespannt und die Stimmritze ist geschlossen. Die Luft kann also nicht entweichen, wird quasi innerhalb des Rumpfes verdichtet. So wird „von innen heraus“ eine Stabilisierung des Bauchraumes und des Brustkorbs erreicht. Ohne diesen stabilen Rumpf kann die Kraft nicht von den Beinen in die Arme transportiert werden und umgekehrt. Störungen im Bereich des Zwerchfells werden im Alltag kaum bemerkt, doch sie können sportliche Leistung deutlich reduzieren – anders ausgedrückt: man wird nicht besser.

Ein erfahrener Manualtherapeut kann das Zwerchfell mobilisieren. Ein Theranetic Therapeut behandelt das Zwerchfell auf direkte Weise im Bereich des Magenwinkels, indirekt mit dem sogenannten Recoil; weiterhin wird die fünfte Rippe und das Schultz-Band behandelt. Das Schultz-Band kann man sich vorstellen wie einen Gürtel um den Brustkorb ungefähr in Höhe der fünften Rippe. Hier wird dann auch „geflosst“ (Therapie mit einem speziellen Gummiband). Sinnvoll ist das Überprüfen der Rippenwirbelgelenke, des Taillenmuskels und des Hüftbeugers. Unbedingt notwendig zur Optimierung der Zwerchfellfunktion sind die SoloFlexÜbungen für den Rumpf. Hiervon existieren derzeit 11 Übungen, von der eigentlichen Zwerchfellübung bis hin zu speziellen Übungen für die Rumpfrotation. Denn man kann es nicht oft genug sagen: ein gesunder und funktioneller Rumpf ist die Basis für jeglichen Sport und erzeugt Gesundheit. Noch ein paar Worte zu dem Thema Zwerchfell und Krankheit: Wir haben noch so gut wie keinen Patienten mit Depression, Angst-/ Panikstörung, Beschwerden des Magens oder Beschwerden des mittleren Rückens gesehen, der nicht eine deutliche Einschränkung im Bereich des Diaphragmas gehabt hätte. Bei diesen Patienten überwiegt die Rippenatmung, eine (leicht) vorgebeugte Haltung, Störungen der inneren Organe, eingeschränkte körperliche Leistungsfähigkeit und eine zum depressiven Pol verschobene Stimmungslage. Aufgepasst: Eine Reaktivierung des Zwerchfells kann diese Symptome deutlich lindern, oft nach 1-2 Behandlungen bis zu 50%. Auch verbessert sich hierdurch deutlich die HRV (Herzratenvariabilität), ein spezielles Maß für Fitness. Je höher die HRV umso leistungsfähiger und „krankheitsabweisender“ sind wir. Auf diese Art und Weise kann man den Fitnesszustands von Patienten und Sportlern im neurovegetativen Bereich überprüfen. Und wie verbessert man eine schlechte HRV? – mit Zwerchfellübungen und dem richtigen Atmen, wer hätte es gedacht...

Und für uns alle: „Jetzt erst mal richtig tief durchatmen“ Lächelnd

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Kommentar von Uwe Thomas | 05.03.2017

Hallo und Guten Tag,

bei meiner nahezu 80 jährigen Mama wurde ein "Riss" im Zwerchfell diagnostiziert (wusste gar nicht, dass es das gibt).

Gibt es hierzu Therapieansätze, insbesondere hinsichtlich Atemübungen, um ein abheilen bzw. zuheilen zu fördern?

Vielen Dank im voraus für eine Antwort ^^

Uwe Thoms