Kann ein Röntgenbild weh tun?

05.08.2011 von Alexander Lay

Lassen sie sich von der gängigen Praxis der heute üblichen Kassenmedizin nicht ins Boxhorn jagen. Die herrschende Überzeugung vieler Ärzte, Therapeuten und Patienten verhindert regelrecht eine Genesung! Unverständliche und schädigungs-orientierte Informationen zementieren ein mechanistisches Schmerzverständnis. Zu nennen wären Sätze wie: „Mit dieser Wirbelsäule hätte ich auch Schmerzen ... ihre Schmerzen sind Folge ihrer Arthrose (Gelenkdegeneration) / ihrer Protrusio (Bandscheibenvorwölbung) / ihres Prolapses (Bandscheibenvorfall) /ihrer tendinösen Calcifikation (Kalk-Sehne) / ihrer Meniskopathie (Meniskus-Erkrankung)...

Die Wahrheit ist: „Ein Röntgen-Bild kann nicht weh tun“. Und so sollte jeder auch kritisch seine eigenen Befunde hinterfragen. Vorwölbungen, Einrisse und Vorfälle der Bandscheiben mehren sich nämlich im Laufe der Zeit genauso wie die Falten in unseren Gesichtern! Gelenkflächen sind von der Natur so gebaut, das sie nicht wehtun können: sonst würde ja jeder Schritt und jede Bewegung wehtun.

Bandscheibendegenerationen in der Kernspintomographie sowie Vorwölbungen und Vorfälle mäßigen Ausmaßes sind überaus häufig und verursachen keine Schmerzen! Es gibt keine (!) valide Untersuchungen über den Zusammenhang zwischen Degeneration und Schmerzen. Im Alter von nur 50 Jahren haben 85-95% aller Menschen bei Autopsien den Nachweis degenerierter Bandscheiben. In einer Studie der Universität Bern wurden 2 Gruppen von Menschen radiologisch untersucht. In jeder Gruppe wurden von den Spezialisten bis zu 85% relevante (z.B. degenerative) strukturelle Bild-Befunde erhoben. Interessant und entscheidend ist jedoch, dass nur eine Gruppe tatsächlich Schmerzen angab, die andere Gruppe bestand aus vollkommen schmerzfreien Probanden.  Lediglich 5% der Bandscheibenvorfälle verursachen Schmerzen.

Die gängige Praxis in unserem Gesundheitssystem sieht anders aus: Selbst eine symptomorientierte Untersuchung ist nicht die Regel. Die Verordnung eines Schmerzmittels erfolgt rasch, auch ohne die zugrunde liegende Ursache zu kennen. Bildgebende Untersuchungen (Röntgen, CT, Kernspintomographie), die bis zu mehreren hundert Euro kosten, können ohne Begrenzung veranlasst werden. Dieser Weg eines blinden und kostentreibenden Aktionismus wird meist gewählt. Der Arzt hat dann ja schließlich etwas getan und der Patient glaubt im Ergebnis der Untersuchung eine Erklärung für seine Schmerzen gefunden zu haben. So sind beide Parteien erst einmal „zufriedengestellt“. Dies führt zu einem regelrechten Diagnose-Kult. Gewinner dieser Misere sind die technischen Leistungserbringer und die Hersteller von Schmerzmitteln und Antidepressiva (Stimmungsaufheller).

Ein ärztliches Gespräch wird mit ca. fünfzehn Euro Brutto (ab)-gewürdigt, eine manuelle Untersuchung einschließlich der Therapie erbringt gerade mal fünf bis sieben Euro Brutto. Die hierfür benötigte Zusatzbezeichnung besitzt  nur ca. ein Achtel der Ärzteschaft. Zudem  können diese Leistungen nur zweimalig innerhalb von einem Quartal (3 Monaten) abgerechnet werden.

Eine Ausbildung in rationeller (angemessener) Diagnostik findet nicht statt. Psychische Komorbiditäten (Begleiterkrankungen) werden ebenfalls zu wenig berücksichtigt. So kommt es, dass die diagnostischen disaAnstrengungen eine unsinnige Vielzahl irrelevanter Diagnosen und Zufallsbefunde erzeugen. Hierauf folgende Operationen können in ein Desaster führen. Im Gegensatz zu den sehr begrenzten Erklärungsmöglichkeiten für chronische Schmerzen steht wie gesagt auch die Erwartung des Patienten an den Arzt als Vertreter einer technisch immer aufwändigeren Medizin. Schätzungen zur Folge lassen sich nur in 15-30%  der Fälle eine eindeutige organische Schädigung als Ursache bei chronischen Kreuzschmerzen finden, bei Kopfschmerzen geht man sogar nur von 5-10% aus.

Trotzdem wird nahezu immer der Name einer strukturell sichtbaren Veränderung im radiologischen Bildbefund aus Verlegenheit, Zeitgründen oder Unkenntnis zur ursächlichen Schmerz- Diagnose erklärt, ohne daß eine Kausalität auch nur annähernd bewiesen wäre. Dies ist selbstredend ganz und gar unwissenschaftlich und schreit nach Aufklärung und Umbruch des gängigen medizinischen Paradigmas.

Eine vollkommen missachtete und missverstandene Schmerzursache ist die Muskulatur.  640 Muskeln stecken in unserem Körper. Sie lassen uns lachen und halten uns in Balance. Sie sorgen für die Körpertemperatur, bei der wir uns wohl fühlen. Sie sind außerordentlich gut verdrahtet mit dem Nervensystem und regulieren eine Vielzahl von inneren Prozessen, von der Blutzuckerregulation bis hin zur mentalen Leistungsfähigkeit. So wie sich unsere Muskeln fühlen, geht es uns auch. Schleicht sich in dieses ausgeklügelte muskuläre Programm ein Fehler ein, verändert dies unsere Befindlichkeit dramatisch. Akute wie auch chronische Schmerzen können so entstehen und auch weiter unterhalten werden. Durchbricht man dieses Programm mit geeigneten Methoden der manuellen Medizin, so verschwinden nicht selten auch die schlimmsten Schmerzen. 90 Prozent der Schmerzzustände, die bisher unter falschen Voraussetzungen und daher nicht ursächlich behandelt werden konnten, sind Warnschmerzen (nach Liebscher und Bracht). Diese zu nehmen war immer Ziel von Manueller Medizin /Osteopathie.

Wichtig: Chronischer Schmerz bedeutet nicht automatisch Schädigung!
Es ist nicht gefährlich, sich auch mit Schmerzen zu bewegen und zu belasten! Genau das Gegenteil ist der Fall! Bewegung baut die Gewebe wieder auf und heilt! Das System nach Liebscher und Bracht kann sowohl in der Behandlung akuter und chronischer Schmerzen, als auch durch heilsame und Gesundheit erhaltende Bewegungen einen entscheidenden Beitrag leisten.

Alexander Lay
Facharzt Innere Medizin / D.O.M.

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